Viele scheinen sich über den Unterschied gar nicht im Klaren zu sein oder sogar zu denken, das sei mehr oder minder dasselbe. Beispielsweise hat ein von mir sehr geschätzter ehemaliger User der Literarchie, Walter Beutler, einmal bemerkt, er hätte bei uns seine ersten Schritte in der Blogszene gemacht.*) Freut mich, dass er es so sieht, und es freut mich noch viel mehr, dass er mittlerweile ein erfolgreiches Blog betreibt, aber – genaugenommen hatte er unrecht. Und er ist auch genau deshalb aus dem Forum ausgestiegen und zu einem eigenen Blog übergewechselt, weil es da eben gravierende Unterschiede gibt und weil ein Blog für ihn besser passte.
Das ist die Perspektive des Users. Auf die werde ich in einem späteren Beitrag noch näher eingehen. Heute möchte ich mich mit der Frage beschäftigen, was aus der Perspektive der Betreiberin den Unterschied zwischen Blog und Forum ausmacht.
Rein technisch betrachtet könnte man sagen, dass es relativ egal ist, ob man Blogsoftware oder Forensoftware nutzt. Man kann mit beidem beides machen. Mit Fantasie und Improvisationsgabe kann man sowieso jede Technik für so ziemlich alles anpassen, und das kann sogar durchaus sinnvoll sein. Z.B. betreibt der Bloghoster twoday.net sein Supportforum mit der hauseigenen Blogsoftware, und das funktioniert sehr gut. Umgekehrt gibt es Foren, in denen User ihre eigenen, privaten Unterforen bekommen können, die dann vom Prinzip her ähnlich wie Blogs funktionieren.
Worauf ich hinaus will: Es geht nicht um die Technik.
Der Unterschied liegt in der Form der Nutzung bzw. in der Art des Angebots.
- Wer ein Blog betreibt, bietet Inhalte. Diese Inhalte können (und sollen) dann durchaus diskutiert werden, aber am Anfang steht der Input durch den Blogautor/die Blogautorin. Und selbst bei der flachsten Hierarchie ist immer noch klar: Hier bestimmt der Autor. Die Kommentatoren sind Gäste.
- Wer ein Forum betreibt, bietet eine Diskussionsplattform – bzw. eine Plattform für die Veröffentlichung von Inputs durch andere. Eigener Input ist dabei nur in geringem Maße vonnöten, zu viel davon stört sogar. Hingegen bedarf es der Betreuung der Community. Deren Mitglieder sind in diesem Fall nicht Gäste, sondern Mitwirkende.
Als Betreiberin eines Forums bin ich sowas wie eine Veranstalterin. Ich muss dafür sorgen, dass alles glatt läuft und die VeranstaltungsteilnehmerInnen gut versorgt sind. Ist das der Fall, kann ich mich ins Gewühl stürzen und selbst an der Veranstaltung teilnehmen. Aber sobald irgendwas schief läuft, bin ich in der Verantwortung.
Ich vergleiche das jetzt mal als Beispiel damit, dass ich gemeinsam mit einer Kollegin einen Workshop organisierte, an dem wir beide auch als Vortragende teilnahmen. Der Workshop fand am Wochenende statt, wir hatten ein Buffet von einem Cateringservice. Plötzlich fiel der Lift aus; die Veranstaltungsräume waren im vierten Stock. Nun hatten wir zusätzlich zur Workshopmoderation und unseren eigenen Vorträgen auch noch eine unvorhergesehene Komplikation am Hals, um die wir uns kümmern mussten: Telefonate mit der Liftbetreuungsfirma und der Cateringfirma führen, eine Lösung für die erste Buffet-Lieferung finden ... usw.
Als bloße Vortragende hätten wir damit nichts zu tun gehabt.
Blogbetreiber sind wie Vortragende im eigenen (virtuellen) Vortragssaal. Sollte technisch irgendwas schiefgehen, ist das nicht weiter schlimm. Die Gäste haben ja keinen Eintritt bezahlt und Mitwirkende gibt es nicht. Sagt man den Gästen freundlich, dass leider gerade der Strom ausgefallen ist oder dass man aus Krankheitsgründen selbst ausfällt, werden sie das akzeptieren und ganz einfach später wiederkommen.
Forenbetreiber sind dagegen Veranstaltungsleiter, Moderator und Hausmeister in einer Person. Und sehr oft werden sie von Usern vor allem für Letzeres gehalten. Fällt das Licht aus, ist der Hausmeister schuld. Fällt ein Vortragender aus, ist der Veranstaltungsleiter schuld. Kriegen sich zwei in die Wolle, ist der Moderator schuld. Krankheit oder Zeitmangel sind keine Entschuldigung. Admin-Hausmeister-Dauerbetreuer haben gefälligst immer für ihre Leute da zu sein. Das ist ihr einziger Daseinszweck. (Achtung, Ironie ;-))
Die entscheidenden Fragen vor dem Start eines neuen Webprojekts sind also:
- Will ich vorwiegend eigene Inhalte anbieten, oder möchte ich zu einem Thema, das mich interessiert, eine Community schaffen und betreuen?
- Habe ich die Nerven dafür, mich ständig um meine User zu kümmern?
Damit ist das Thema natürlich noch nicht erschöpfend behandelt, es wird uns hier sicher noch öfter beschäftigen. Anregungen, Ergänzungen und Fragen sind daher sehr willkommen!
Im nächsten Artikel möchte ich mich der Frage widmen, wann sich User für ein Forum oder ein eigenes Blog entscheiden sollten.
[Update 29.4. 16:10]
*) Ups, da hatte ich offenbar etwas falsch im Gedächtnis - Walter hat das in einem Kommentar richtig gestellt. Ich wollte ihm damit ja auch keineswegs Naivität unterstellen!
[Update 29.4. 16:10]
*) Ups, da hatte ich offenbar etwas falsch im Gedächtnis - Walter hat das in einem Kommentar richtig gestellt. Ich wollte ihm damit ja auch keineswegs Naivität unterstellen!
3 Kommentare:
Hallo liebe Mel
Ein wenig gebauchpinselt fühle ich mich schon, praktisch am Anfang deines neuen Blogs erwähnt zu werden. Es wäre mir eine Ehre, wenn die Ehre nicht etwas wäre, auf das ich pfeife ...
Allerdings weiss ich nicht so recht, weshalb du ausgerechnet mich zum Beispiel nimmst, um den Unterschied zwischen Internettforum und Blog aufzuzeigen. Es stimmt: In der Blogwelt fühle ich mich wohler als in der Forenwelt. Doch Blog und Forum habe ich immer unterscheiden können. Du zitiest mich nämlich nicht ganz richtig. Geschrieben habe ich: «Hier [gemeint ist das Forum «Literarchie»] habe ich in der (Literatur-)Forenwelt meine ersten Schritte getan.»
Ist nicht bös gemeint, nur eine Richtigstellung.
Gruss – Walter B
Hallo Walter,
huch, hatte ich da was falsch in Erinnerung? Ich dachte gar nicht an Äußerungen in deinem Blog, sondern an einen Kommentar in der Literarchie ... kann ihn aber nicht mehr finden. Ich werd's im Text mit Verweis auf deinen Kommentar richtigstellen. Entschuldige bitte.
Ansonsten finde ich schon, dass du geradezu ein Paradebeispiel für jemanden bist, dem das eigene Blog - du hast es mal "dein eigenes Gärtli" genannt, wo du zur Not einfach das Gartentörli zumachen kannst - mehr liegt als die Mitgliedschaft in einem lauten, turbulenten Forum. ;-)
Schön, dass du hier hergefunden hast - und hoffentlich findest du es nicht unhöflich, dass ich dir nicht persönlich Bescheid gesagt habe, dass ich dich verlinkt hab!
Liebe Grüße
Mel
Ich würde jetzt mal behaupten, bevor du zeigen musst das du mit vielen Usern in einem Forum umgehen kannst, musst du erstmal welche haben - und warum sollen sich Leute in einem Forum anmelden in dem kaum jemand aktiv ist?
Da ist es meiner Meinung nach einfach einen Blog zu starten, denn dort bist du ja der Vortragende und irgendwann kommen schon Leute die gerne deinem Vortrag zuhören wollen :-)
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