03.07.2012

Sind Foren nicht mehr zeitgemäß?

Floppy Disk
Bildquelle: freedigitalphotos.net
Vor einer Weile bin ich beim Webmasterfriday über das (schon ältere) Thema „Nutzt ihr noch Foren?“ gestolpert und hatte vor, mal die Teilnehmerartikel zu lesen oder zumindest zu überfliegen. Über einen davon bin ich jetzt anderwärts (nämlich auf Twitter) ebenfalls zufällig gestolpert: Meine Meinung zu Internet-Foren und Communities von Sam (Seobloggerei).
In diesem Artikel findet sich so viel, was meinen vehementen Widerspruch herausfordert, dass ich einfach darüber schreiben MUSS! 

Das soll natürlich kein Angriff auf die Blogautorin sein, sondern eine konstruktive Auseinandersetzung mit ihrem Artikel.


Zunächst einmal stellt Sam klar, dass es ihr keineswegs ausschließlich um Webmasterforen oder SEO-Foren geht, sondern um Foren im Allgemeinen und zu den unterschiedlichsten Themen. Dann schreibt sie, und meint das offenbar forenkritisch:
»Der Themenschwerpunkt eines Forums ist in 99% der Fällen stark kategorisiert und zieht daher meist nur Interessenabhängig Internetuser an.«
Ähm ... ja, genau. Das ist nämlich in den meisten Fällen auch der SINN von Foren! Bücher werden ja eigentlich auch überwiegend von Leuten gelesen, die sich für das Thema oder das Genre interessieren. Ist da schon mal wer auf die Idee gekommen, zu sagen: Bücher sind nicht mehr zeitgemäß, weil ein einzelnes Buch nie für alle Menschen interessant sein wird, sondern immer nur für eine bestimmte Zielgruppe?

Nebenbei bemerkt gilt dasselbe ja auch für Blogs.

Klar, in einem Blog muss ich mich nicht anmelden, um zu kommentieren oder eine Frage zu stellen. Ich verpflichte mich zu nichts, ich muss bei nichts mitmachen, ich kann einfach meinen Senf dazugeben und danach weggehen und nicht mal Tschüss sagen.

Und damit komme ich zum nächsten Punkt: Selbstverständlich sind Foren nicht dazu geeignet, um als Neuling und/oder Außenstehende/r schnelle Antworten auf gerade mal anfallende Fragen zu kriegen. Ausnahme: Supportforen und Ratgeberforen; aber auch da darf man sich nicht wundern, wenn der kostenlose Expertenrat ein wenig auf sich warten lässt.

Im Allgemeinen sind Foren jedoch Gemeinschaften (Neudeutsch: Communitys), und keine Gemeinschaft schätzt es, wenn ein Neuling hereinplatzt und sagt: Mich interessiert das alles hier nicht, ich will einfach nur eine Auskunft zu einer konkreten Frage.


Was Sam in ihrem Artikel auch schreibt ist, dass sie einfach keine Zeit hat, sich um Foren zu kümmern. (Womit sie offenbar nicht ein allfälliges eigenes Forum meint, sondern die Mitgliedschaft in Foren.) DAS ist mal eine gute Ansage! Ich wünschte, dass sich mehr von meinen Userinnen und Usern das mal überlegen würden, ehe sie sich gedankenlos registrieren — oft ohne auch nur ansatzweise zu gucken, was für eine Art Forum das überhaupt ist.

Ich hatte z.B. schon mal eine Userin, die sich auf gar keinen Fall im Netz austauschen wollte, sondern Kontakte in ihrer Heimatstadt suchte. Eine andere wollte sich mit Leuten austauschen, die Haiku schreiben. Es hätte in beiden Fällen meiner Einschätzung nach keine halbe Stunde gedauert, festzustellen, dass das Forum dafür defintiv nicht der passende Ort ist. Aber nein, sowas macht der moderne Internetuser natürlich nicht. Der "reggt" sich (natürlich ohne die Regeln zu lesen, wozu denn auch), stellt eine Frage in den Raum — und wartet darauf, dass andere ihm kostenlos ihre Zeit schenken, die er selbst nicht hat oder nicht aufbringen mag.

Hm, ihr seht schon: Das Thema bewegt mich emotional. Wobei ich das jetzt keineswegs  rein aus der Sicht der Forenbetreiberin sehe. Auch als Userin nervt es mich total, wenn neue User sich so verhalten.

Aber das sind meine Erfahrungen und Sichtweisen. Wie sind eure? Eine Diskussion wäre toll.

Muss nicht hier sein — ich diskutiere gern auch in anderen Blogs oder auf Facebook oder — soweit das dort möglich ist — via Twitter.

2 Kommentare:

Sam hat gesagt…

Hallo Melusine,

erst einmal vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast, um meine Meinung über Internetforen zu studieren.

Daher würde ich jetzt einfach schlichtweg behaupten, du weist was mir diesbezüglich auf der Seele brannte ;-).

Allerdings habe ich die Thematisierung der Foren nicht als "kritisch" abgestempelt. Evtl. habe ich mich schlecht ausgedrückt und sollte meinen Post hinsichtlich nochmal überarbeiten.

Meine Erfahrung mit Foren ist aber folgende:

A) Ich habe ein Frage und werde erst einmal auf die "Suche" im Forum hingewiesen. >>> Äh.. ich weiß wie eine Suche funktioniert, doch wenn ich nichts finde, finde ich nichts?

B) Ich schreibe, dass ich beim Suchen nichts finde. >>> Es wird in Frage gestellt, ob ich befähigt bin irgendetwas zu finden (!)

C) Ich brauche wirklich Hilfe und fange an zu betteln. >>> Es kommt endlich eine Antwort, mit dem Hinweis "Ich hätte das in 1 Minute bei Google gefunden." <<< Alles klar..

Internetforen bewegen sich einfach nicht mehr in der Grauzone, wo man dem anderen wirklich helfen möchte. Es geht darum seinen persönlichen Status gegenüber anderen aufzupeppen. Auf die Art "Ich bin's, du nicht!"

Von Jahrhundert zu Jahrhundert wird unsere Welt immer schnelllebiger. Was wir wollen, wollen wir sofort. Angefangen allein schon bei Konsumgütern. Nein, wir sparen nicht.. wir kaufen das lieber dann auf Raten!

Und das gleiche auch bei unseren Frage & Antwortspiel. Wir können nicht auf eine Antwort warten, entweder jetzt sofort oder garnicht. Und deshalb sind Foren für mich keine Plattform um eine schnelle Antwort zu erhalten. Möchte man sich aber mit gleichgesinnten über sein Hobby usw. austauschen, dann ist das Forum natürlich der ideale Ort!

LG,
Sam

Gudrun (Melusine) hat gesagt…

Hallo Sam,

vielen Dank für deinen Gegenbesuch! Ich habe mich mit deiner Meinung auseinandergesetzt, weil ich sie interessant finde. Gerade deshalb, weil ich in Vielem völlig anderer Ansicht bin. Wobei ich jetzt sagen muss, vielleicht liegen wir ja gar nicht so weit auseinander. Das findet man meistens erst durch Diskussion heraus.

Deine hervorgehobene Feststellung, dass fast alle Foren themenbezogen sind, hatte ich wirklich als forenkritisch aufgefasst, im Sinne von: Foren sind thematisch zu eingeengt, da braucht man ja für jede Spezialfrage ein anderes Forum, während man auf Twitter oder Facebook die ganze Palette hat.

Deine Erfahrung mit Foren, die du hier im Kommentar schilderst, kann ich gut nachvollziehen. Ist mir selbst auch schon oft passiert, und ich ärgere mich jedes Mal wieder über die Arroganz, mit der Leute, die neu im Forum sind, einfach niedergebügelt und als dumm hingestellt werden.

Das ist die eine Seite der Medaille. Die Kehrseite ist: Es gibt eben tatsächlich viele Leute, die sich in einem Forum nur deshalb registrieren, weil sie auf eine einzelne Frage eine Antwort wollen. Das ist in den meisten Foren eher ungern gesehen, denn eine Community basiert nun einmal darauf, dass die Mitglieder sich dauerhaft einbringen. Mit offensichtlicher Laufkundschaft macht sich keiner Mühe, warum denn auch.

Und diese Status-Geschichten haben auch immer zwei Seiten. Einerseits gibt es sicher alteingesessene Forenmitglieder oder auch Mods und Admins, die ihren Status allzu sehr herausstreichen. Andererseits: Ein Forum ist nun einmal eine soziale Gruppe, und die funktioniert halt auf diese Weise. Wer neu ist, muss sich erst einmal Anerkennung in der Gruppe verschaffen.


Deshalb funktionieren Foren tatsächlich nicht für schnelle Fragen, auf die man schnelle Antworten will/braucht. Dafür sind sie ja auch nicht gedacht.

Jetzt fragt sich halt, ob die Funktionen, die Foren haben, in absehbarer Zeit nicht mehr gebraucht werden. Ich sehe das nicht so. Ich glaube nicht mal, dass das eine Generationenfrage ist, denn der Betreiber des Forums, in dem ich neben meinem eigenen am meisten aktiv bin, ist erst 20. :-)